Elisabeth Dauthendey - Weihnacht

»Ja,« sagte Lilli ängstlich, »aber alle Engel haben gelacht, und das Christkind hat es mir verziehen.« »Na, ich will einmal mit ihm sprechen. Warte, bis ich wiederkomme, bis dahin rühre die Puppe nicht an.« Als Papa wieder aus seinem Zimmer kam, lachten seine Augen sehr freundlich, aber seine Stimme war ernst: »Ich will dir diesmal deinen Ungehorsam verzeihen, weil das Christkind mich so gebeten hat – aber daß so etwas nicht wieder geschieht, hörst du?« »Ja, lieber Papa, aber Mimi ist sehr hungrig von dem weiten Weg, ich will ihr von meiner Suppe geben.« Polli, das Brüderchen, sah neidisch zu Lilli hin. Nun hatte sie schon vor Weihnachten ihren schönsten Wunsch erfüllt. Und er mußte warten. Und dann war es auch noch nicht sicher, ob er seine großen Bleisoldaten bekommen würde, die ganz rund waren und auf ihren Füßen standen und nicht auf solch dummen viereckigen Blechstücken wie seine alten. Wenn Lilli mit dem Christkind sprechen konnte, die kleine, dumme Lilli, die ein Jahr jünger war als er, so konnte er es auch, und Papa würde es ihm sicher auch verzeihen – es wäre zu schön, seine Soldaten vor dem Christabend zu haben. So saß er still und geduldig und hörte Lillis Geplauder ruhig an. Gegen Abend aber, als Papa und Mama ausgegangen waren und Susi bei Lilli am Bettchen saß, ging Polli heimlich zum schwarzen Kasten, der im Gang neben dem Badezimmer an der Wand hing, denn Vaters Zimmer war verschlossen. Er holte sich die kleine Trittleiter aus dem Badezimmer, stieg hinauf und nahm den Hörer vom Haken, wie er das so oft von den Großen gesehen hatte. Er hielt ihn ans Ohr und wartete ein wenig. Da hörte er eine tiefe böse Stimme: »Wer ist denn dort?« »Ich bin hier« sagte Polli sehr ängstlich. »Wer ist es denn, zum Kuckuck – was soll's?« »Ich will das Christkind sprechen,« sagte Polli mit zitternder Stimme. »Was sind das für Dummheiten?« brüllte jetzt die Stimme laut und dicht neben ihm. Polli erschrak und fragte: »Bist du der Teufel?« Da fing es von allen Seiten fürchterlich zu läuten an und er hörte viele verworrene Stimmen und Geräusche; das Hörrohr fiel ihm vor Schrecken

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