Elisabeth Dauthendey - Weihnacht

euch wohl gehen immerdar! Hier, nehmt dieses Würzelchen vom heiligen Christdorn, legt es eurem Mütterchen auf das Herz, und es wird gesund werden.« Dann grüßte es noch einmal mit der Hand und ging zu seiner schönen Tanne zurück. »Jetzt aber schnell nach Hause!« sagte der Schneemann. »Ehe der Hahn kräht, muß ich an meinem Platze sein, sonst zerfalle ich zu Schnee, und ihr findet den Weg nicht allein zurück.« So gingen sie denn so schnell als nur möglich durch den leuchtenden, singenden, rauschenden Weihnachtswald, und Heinz hielt das Wunderwürzlein fest in der Hand, und sie konnten es kaum erwarten, es ihrem Mütterlein auf das gute Herz zu legen. Als sie im Dorf ankamen, war es schon grauer Morgen, der Mond stand ganz bleich am Himmel und leuchtete nicht mehr. »Dank euch,« sagte der Hofhund, »Dank euch, es war so wunderschön! Nun will ich wieder geduldig meine Kette tragen.« »Leb' wohl,« sagten die Kinder, »wir werden jetzt immer gut zu dir und allen Tieren sein.« »Lebt wohl!« sagte auch der Schneemann, als die Kinder an der Tür ihrer Hütte angelangt waren. »Lebt wohl und redet zu niemand von dem, was ihr gesehen und gehört, sonst ist der Zauber fort von allem, was man euch gab. Aber es ist höchste Zeit für mich,« sagte er und sprang auf seinen Hügel hinauf. Da krähte der Hahn. Dem armen Schneemann blieb der Mund offenstehen, und steif und kalt schaute er von seinem Hügel auf die Kinder herab, als kenne er sie nicht mehr. – Heinz und Liese sahen traurig zu ihm hin, sie hatten sich nicht mehr bei ihm bedanken können für all das Herrliche, das er ihnen gezeigt hatte, und das tat ihnen sehr leid. So gingen sie denn ins Haus und in Mütterchens Stübchen. Die lag und schlief sanft, und aus dem Schneeball, den sie ihr in die Hand gelegt hatten, war ein blankes Goldstück geworden. Da nahm Heinz das Würzelchen und legte es ihr gerade mitten auf das Herz, und dann setzten sie sich still zur Seite und warteten, ob es nun wohl bald aufwachen würde. Und es dauerte auch nicht lange, da schlug die Mutter die Augen auf und lächelte so glücklich, wie sie es lange nicht getan, und dann stand sie

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