Elisabeth Dauthendey - Erotische Novellen
Ein banger Seufzer hob seine zarte Brust, der feine Mund bebte, und eine leise, blumenhafte Röte flog ihm über das Gesicht. Von einer Sehnsucht ergriffen, die wie Erlösung auf alles Wartende in ihm war, brach unter dem Aufruhr des Blutes alles Hemmende zusammen, ließ alles Schlummernde erblühen. Der Mann sah, was er gesucht hatte. In ihm entzündete sich langsam ein heimliches Glimmen. – Möchtest du das alles sehen? – fragte er. – Oh – sagte das Kind, und dieser Laut war so voll Verrat alles dessen, was seine Innenwelt fesselte und quälte, daß der Mann fast erschrak vor der dunklen Glut, die jäh aus diesem einen Tone brach. – Dort wohne ich – willst du mit mir dorthin reisen? – – Reisen – , sagte das Kind. Das blaue Meer und eine goldne Stadt – und seine Stimme bebte, und die kleinen, stillen Hände zitterten wie Frühlingsblätter im Winde. – Soll ich dir noch mehr erzählen? – sagte er, stand auf, nahm ihre kleine zitternde Hand und führte das Kind hinaus zur höchsten Terrasse des Parkes an eine einsame Stelle, die er kannte. – Soll ich dir erzählen – – Ja – , sagte das Kind, und seine Augen schauten groß und hungernd und dürstend zu ihm hin. Da griff er es plötzlich mit packenden Armen, hob es hoch auf, nahe zu seinem Munde – – Küsse mich – dann erzähle ich dir noch tausendmal schönere Dinge – küsse mich. – Sein schwerer Atem flog dem Kinde heiß über das Gesicht. Es blickte starr und schreckvoll in die lodernde Glut der wild aufgerissenen Augen. Was war das? Wieder eines jener furchtbaren Dinge, die es nie begreifen würde. Mußte es gehorchen, und immer? Was alte Leute taten, war immer gut. Fragen, Aufruhr, ein fernes Unbegreifliches ging im Taumel durch die gespannte willenlose Kinderseele. Eine Sekunde lang war es, als neige sich das liebliche Haupt wie eine welke Blume zu dem rohen Munde des Mannes – seine Hände glühten, die Augen lachten in wildem Triumph – Da – was kam über das Kind –
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